Tukwaaniliza okujja Enankondo (Willkommen in Nankondo)

Montag, 13.06.2016

 

Etwas verspätet, aber besser als nie. Kurz nach den Wahlen also Anfang März ging es für uns nach Nankondo. Der Abschied von Regis und unserem bis dahin einzigen zu Hause in Uganda fiel uns natürlich nicht leicht, aber ich habe mich in Nankondo auch sehr wohl gefühlt und bin traurig, dass die Zeit dort schon vorbei ist, auch wenn ich das anfangs nicht gedacht hätte. Anders als unsere Vorfreiwilligen, wohnten wir bei dem Direktor der Schule (davor sind die Freiwilligen immer bei einer älteren Frau untergekommen, das war für uns aber nicht möglich, weil sie etwas weiter im nächsten Dorf und von der Schule weg wohnt und wir dann im dunkeln abends zu ihr müssten, da wir aber zwei Mädchen sind und unsere Vorfreiwilligen immer mindestens eine männliche Person bei sich hatten, wurde es entschieden, dass es so besser ist). Es brachte uns aber einige Vorteile mit sich: man fällt quasi in de Schule, also läuft ca eine Minute bis dahin und kann dadurch auch automatisch länger schlafen (wenn man nicht um 5 Uhr vom Wäsche waschen, regen o.ä. geweckt wird :D), außerdem hatten wir vier echt tolle (wenn auch teilweise nervige) Gastgeschwister. Zwei Gastbrüder im Alter von 9 und 14 Jahren und zwei Gastschwestern, 2 und 12 Jahre. Am Anfang dachte ich, dass ich viel zu viel Zeit haben werde und mich langweilen werde, doch das hat sich nicht bestätigt. Neben unseren Gastgeschwistern wohnen auch einige Kinder der Schule bei uns. Aufgrund mangelnder Kosten hatte Julius, der Direktor der Schule, es noch nicht geschafft, Räumlichkeiten für eine boarding school zu schaffen, hat aber dafür bei sich zu Hause die Schüler aufgenommen, die also auch mit uns zusammen wohnen. Die meisten der Kinder sind in p7 (siebte und letzte Klasse der Primary School, dadurch, dass sie auf die Abschlussexamen vorbereitet werden müssen, dürfen wir sie nicht unterrichten), die auch ihren Klassenraum dort haben, da bekomme ich auch des öfteren mal mit, wie die Kinder abends noch ein Mal eben eine Stunde Unterricht haben oder Examen schreiben müssen zu Zeiten, wo Marie und ich schon ins Bett gehen. Wir haben dort also eine große Familie und langweilig wurde es nie, denn es gab immer jemanden, mit dem man sich unterhalten konnte, spielen konnte,... Das hieß aber auch, dass wir dort so irgendwie gar keine Privatsphäre hatten, eigentlich so gut wie nie unbeobachtet waren und alleine waren wir schon gar nicht. Marie und ich hatten ein gemeinsames kleines Zimmer, was mich daran zu Anfang gestört hat, war unser gemeinsames Bett, aber auch daran hatte man sich ziemlich schnell gewöhnt.
In Nankondo habe ich irgendwie für die Schule und die Schüler gelebt (nicht weil ich so viel zu tun hatte, sondern einfach, weil wir irgendwie immer von Schülern umgeben sind :D), gut also, dass ich mich dort wohler gefühlt habe, als in der ersten Schule. Ich habe P5 und P6 in Mathe unterrichtet und gemeinsam mit Marie in Deutsch und morgens manchmal eine halbe Stunde Sport oder Musik in P3 und P4. Das unterrichten an sich macht mir echt Spaß und ich bin froh mich überwunden zu haben, weil es schön ist, endlich etwas zu tun gehabt zu haben. Das Problem war nur, dass ich in Mathe nicht wirklich gesagt bekommen habe, was ich mit ihnen machen sollte und nicht wusste, was in deren Examen vorkommt, es gab zwar noch einen anderen Mathelehrer, der auch noch in den beiden Klassen Mathe unterrichtet hat, weswegen die Verantwortung nicht nur bei mir lag, aber ganz optimal war das trotzdem nicht. Ein weiteres Problem war die Verständigung, denn das Englisch der Kinder ist ziemlich schlecht, der Unterricht der anderen Lehrer findet hauptsächlich auf Luganda statt (auch wenn er ja theoretisch auf englisch sein sollte) und so fallen den Kindern schon Wörter wie to learn schwierig.. Leider ist mein Luganda zu schlecht, um den Kindern den Stoff auf deren Sprache beizubringen, aber wahrscheinlich ist es für sie auch ganz gut, teilweise gezwungen zu sein, englisch zu sprechen.

Nach der Schule habe ich mich dann oft mit den Menschen zu Hause beschäftigt, wir waren mit den Kindern im Valley Wasser holen (wo Marie und ich bei den Versuchen den Kanister freihändig auf dem Kopf zu tragen von unserer Gastschwester ausgelacht wurden, während sie vor uns geht, ohne ihn auch nur 1 Mal fallen zu lassen), haben Karten gespielt, beim schälen der Kochbananen geholfen (wo man uns unsere Unfähigkeit direkt angemerkt hat, weswegen auch immer eine ganze Menge Kinder bei uns stand, die uns leicht amüsiert beobachtet hat) und waren auch ein paar Mal auf den Plantagen der Schule, wo wir gelernt haben, Mais und Bohnen anzupflanzen. Ansonsten habe ich sehr viel gelesen oder versucht ein wenig Luganda zu lernen.

 

Über Ostern sind wir zurück zu unserer Gasmutter gefahren, waren in der Ostermesse, hatten ein großes Osteressen in der Sonne und haben ein wenig unserer Ostertradition nach Hause gebracht: Eierfärben und Schokohasen verteilen, die von Maries Eltern mitgebracht wurden,die die zwei Wochen zuvor zu Besuch waren. Ostermontag waren wir wieder am Lake Nabugabo feiern und sind nach einem schönen langen Wochenende wieder zurück.

 

Die Zeit in Nankondo verging im Endeffekt viel schneller als gedacht, es dauerte es nicht lange, bis die Abschlussexamen vor der Tür standen. Dadurch dass wir beim Direktor gewohnt haben, der die Examen schon eine Woche vor beginn der Examenwoche erhalten hatte, konnten wir dort einen Blick drauf werfen und wenigstens die letzten Stunden vor den Examen wusste ich, was ich den Schülern sinnvolles beibringen kann, leider war dafür nicht mehr genügend Zeit und so wurden die Examen nicht so gut, schließlich hatte ich vorher sehr viel unterrichtet, was unbrauchbar für die Examen war und wichtige Zeit verschwendet, weil ich es nicht besser gewusst hatte. Die Ergebnisse waren dementsprechend nicht so gut, es war sehr deprimierend, die Examen zu korrigieren. Das schlimmste daran war für mich, dass ich Mitschuld hatte, weil ich den Kindern falschen Stoff beigebracht habe, es somit nicht unbedingt die Schüler Schuld waren, dass sie schlechte Zensuren hatten.

In der Examenwoche war dann nichts wirklich zu tun, außer meine beiden Klassen in Mathe zu beaufsichtigen. Wenn dann einmal die Examen vorbei sind, ist in der Schule nichts mehr wirklich zu tun, die Lehrer haben Zeit zu korrigieren und somit findet kein Unterricht statt. Viele Kinder bleiben dann auch zu Hause, weil sich entweder ihr weiter Schulweg nicht lohnt, wenn sowieso nichts wirklich zu tun ist, oder weil sie zu Hause gebraucht werden. Mit denjenigen die da waren hat es aber trotzdem Spaß gemacht. Marie hatte ihre Kamera mit in der Schule, die dann eher zu einem Spielzeug wurde, jedes Kind wollte ml ein Foto machen und so wurde sie dann auch schön nach Ordnung nach jedem Bild weitergereicht. Am lustigsten war es allerdings mit Musik. Marie und ich hatten uns in Masaka eine kleine Musikbox gekauft, haben dann ein wenig ugandische Musik auf einen USB Stick geladen und die Box mit in die Schule genommen. Sowohl Schüler als auch Lehrer waren total begeistert und so haben wir teilweise einfach den ganzen Tag in der Schule alle zusammen getanzt. Das ist hier ganz anders als in Deutschland, gibt es Musik, fängt man eben an zu tanzen und das können sie auch einfach alle viel besser als wir, ob jetzt die ganz kleinen Kinder oder die Lehrer, da kam man sich direkt noch schlechter vor.

Aber natürlich hatten wir auch noch ein bisschen was zu tun: Zeugnisse schreiben für die eigene Klasse. Marie war Klassenlehrerin von P6 ,ich von P4. Das hat mich zu Anfang ein wenig gestört weil ich dort nicht wirklich unterrichtet habe (aus dem Grund, dass das Englisch der Kinder da einfach viel zu schlecht war) und ich somit meine Klasse nicht wirklich kannte und lieber eine wollte, wo ich die Schüler kenne. Da habe ich dann ein wenig zu viel mit einem Lehrer diskutiert woraufhin er auf die schöne Idee gekommen ist, den Kindern meiner Kasse die Aufgabe zu geben, mich ihre Namen lernen zu lassen. Alle Kinder auf P4 sind dann also regelmäßig in der Schule zu mir gekommen und haben mich gefragt 'Teacher, do you know me?' oder 'Teacher, do you know my name?' was an sich ziemlich süß war, wenn ich nicht ständig wieder alle Namen vergessen hätte. Am Ende war es natürlich auch kein Problem, denn meine Klasse war total süß und ich hatte als Klassenlehrerin nicht wirklich etwas zu tun außer die Zeugnisse zu schreiben und anschließen auszuteilen.

 

Eines Abends sind wir aufgrund eines Zufalls auf einmal in dem Wohnzimmer von 3 unserer Schüler gelandet, wo wir sehr nett empfangen wurden und einen netten Abend hatten Das hat sich natürlich direkt in der Schule herumgesprochen, somit kamen am nächsten Tag ganz viele Schüler zu uns, ob wir nicht auch sie zu Hause besuchen könnten. Dadurch dass es sich sowieso um die letzten Tage handelte und wir sehr interessiert waren wie unsere Schüler denn so leben, haben wir bei einigen zugestimmt (zu allen kann man ja nicht gehen). Bei allen dieser Besuche haben wir eine große Gastfreundlichkeit erfahren, bei einem ganz besonders. Da waren wir bei zwei Schülern aus P6 zu Hause und wurden zuerst mit Mandazi (Gebäck) und einem Sooda sehr herzlich und freudig empfangen. Uns wurden dann ganz viele Menschen der Familie vorgestellt und wir haben alle zusammen Karten gespielt. Als wir gehen wollten, wurden wir gebeten noch zu bleiben, da für uns Abendessen vorbereitet wurde. Danach wurde es aber Zeit für uns, denn es war schon dunkel und wir hatten noch einen weiten Weg vor uns. Nachdem uns sogar vorgeschlagen wurde, dass wir ja über Nacht bleiben dürfen, was wir dankend abgelehnt haben, wurde uns ein Booda nach Hause bezahlt und als ob das noch nicht genug Gastfreundschaft war, haben wir sogar noch eine ganze Tüte voll mit Erdnüssen geschenkt bekommen.

 

Am 13. Mai war dann der letzte Schultag, es hieß also Abschied nehmen von den Schülern und den Lehrern, 2 Tage später mussten wir uns dann endgültig von Nankondo, unser Gastfamilie und was mir fast am schwierigsten fiel, von unserer Gastschwester, verabschieden.

Ich bin wahnsinnig froh über die Erfahrungen, die ich in Nankondo gesammelt habe und über all die netten Menschen die ich getroffen habe und schon jetzt vermisse und deswegen fiel mir der Abschied besonders schwer, aber genauso freue ich mich auf die Zeit in Kampala, den Unterschied zwischen dem Leben auf dem Dorf und in der Großstadt kennen zu lernen, die Hauptstadt kennen zu lernen, für sich selbst zu kochen, … und ich weiß ja auch, dass ich bevor es wieder nach Deutschland geht auf jeden Fall nochmal zurück kommen werde.

 

 

Ganz vergessen: bevor es nach Nankondo ging, hatten wir unser 5-tägiges Zwischenseminar. Es war schön, die Freiwilligen des EWN aus Ruanda wiederzusehen und die andere Freiwilligen von Artefact kennen zu lernen. Leider ist es schon ziemlich lange her und ich weiß nicht mehr genau was wir alles gemacht haben, aber es war total interessant, wir haben sowohl praktische Sachen unternommen wie z.B. eine Wanderung, Lagerfeuer und kleine Workshops, aber auch viel Input gehabt. Ich habe auf viele Probleme noch ein Mal aus einer anderen Perspektive betrachtet und vor allem der Austausch mit den anderen Freiwilligen über ihre Erfahrungen, die teilweise total unterschiedlich, teilweise fast gleich waren, war sehr interessant und hilfreich.
Dabei wurde uns auch noch ein Mal bewusst gemacht, dass wir nicht hier sind, um zu helfen, sondern dass es sich um einen Lerndienst für einen selbst handelt und um den kulturellen Austausch. Das sollte allerdings nicht nur mit den Menschen vor Ort passieren, sondern auch mit den Menschen bei mir zu Hause in Deutschland, ich sollte mir also immer gut überlegen, was ich erzählen kann und was nicht und wie ich die Erlebnisse jeweils erzähle, um falsche Vorurteile zu vermeiden.

Inhaltlich ist mir vor allem der Film 'Der Standpunkt des Löwen' in Erinnerung geblieben, in dem es um Panafrikanismus geht. Dabei wurde die Fragestellung „50 Jahre Unabhängigkeit. Man hat uns Glück und Wohlstand versprochen. Heutzutage steigen junge Afrikaner in einfache Holzboote, durchquere die Wüste und das Meer in Richtung Eldorado warum?“ behandelt. Dazu werden Aktivisten, Historiker, Migranten UN-Beamte und andere Interviewt, die die Situation des afrikanischen Kontinents analysieren. Es ist ein sehr interessanter Dokumentarfilm, den ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann.

 

 

Durch mangelndes Internet ist auch der verspätete Eintrag nun später öffentlich als erwartet. Mittlerweile wohne ich seit ca. einer Woche in Kampala. Mit Marie zusammen haben wir eine kleine Wohnung (2 kleine Zimmer), in der am Anfang wirklich gar nichts war. Die ersten Tage haben wir also erst ein Mal damit verbracht uns ein paar brauchbare Sachen anzuschaffen. Die Stadt ist noch ziemlich neu für mich und irgendwie habe ich noch keinen wirklichen Überblick über alles, ich hoffe dass das in der kurzen Zeit hier noch möglich ist, denn in ca. 2 Monaten geht es für mich leider schon wieder nach Hause. Ich fühle mich mittlerweile so wohl in Uganda habe mich an die Kultur, die Menschen, … gewöhnt, da weiß ich manchmal gar nicht, ob ich mich auf zu Hause freue oder nicht (versteht mich nicht falsch ich freue ich wahnsinnig meine Familie und Freunde wiederzusehen).
Dass ich hier jetzt so selbstverständlich lebe, ist (neben der Faulheit naürlich) auch der Grund, dass ich nicht mehr wirklich regelmäßig poste. Ereignisse, die für mich am Anfang aufregend waren und ein Grund waren, einen Blogeintrag zu machen, sehe ich jetzt als selbstverständlich und gehören einfach zum Alltag.

 

Nicht zu meinem Alltag hier gehörte dann allerdings der Besuch meiner Schwester und meines Vaters. Eigentlich war geplant, dass meine Eltern kommen, meine Mutter wurde dann allerdings krank, somit ist meine Schwester für eine Woche mit einem Vater mitgekommen. Zuerst ging es (für mich zum 2. Mal) in der Murchison Falls National Park. Da meine Schwester natürlich auch sowohl Regis, meine Gastmutter, als auch Nankondo kennen lernen wollte, ging es für uns danach dort hin. Ein wenig typisch - irgendwie ging so einiges schief, Regis war krank somit konnten wir nicht wirklich Zeit mit ihr verbringen, alle möglichen Straßen waren irgendwie gesperrt (wodurch die Autofahrten seehr lange wurden), in Nankondo waren noch Ferien wodurch ich die Schüler nicht sehen konnte, … aber trotzdem war es eine wunderschöne Zeit zusammen mit meiner Schwester und meinem Vater und auch in der 2. Woche, wo es dann zum Lake Bunyonyi (ein wunderschöner Ort!), in den Lake Mburo National Park (da konnte an eine Safari zu Fuß machen, ein unglaubliches Gefühl, die Tiere direkt, ohne im Auto zu sitzen, zu sehen) und an seinem letzten Abend Ugandas noch einmal nach Nankondo ging.

 

Aber genug geredet, wie sagt man so schön – Bilder sagen mehr als 1000 Worte, leider ist meinn Internet gerade nicht das Beste, deswegen verschiebe ich das mit den Bildern auf nächstes mal Wlan, aber das ist ganz bald, versprochen!